Mittwoch, 7. September 2022

Offener Brief an Klima-Profis: Klima-Hoffnung?

 Offener Brief an

Prof. Harald Lesch, Prof. Mojib Latif, Prof. Astrid Kiendler-Scharr, Dr. Hauke Schmidt, Prof. Dr. Hans-Otto Pörtner, Prof. Dr. Angelika Humbert,  Prof. Dr. Detlef Stammer, Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, Dr. Christiane Textor, Prof. Dr. Hans Joachim Schnellnhuber, Eckart von Hirschhausen, Sascha Lobo, Prof. Dr. Johanna Baehr, Dr. Paul Becker, Prof. Dr. Anders Levermann, Sven Plöger, Gregor Hagedorn, Ranga Yogeshwar, Prof. Dr. Harald Welzer, Luisa Neubauer, Carla Reemtsma,  



Sehr geehrte Damen und Herren,


Sie kennen mich nicht, aber ich kenne sehr viel von dem, was Sie geschrieben und in Zeitungen und im TV geäussert haben. Ich bin jedem von Ihnen sehr dankbar für das Fachwissen, das Sie uns verständlich und warnend vermitteln. Menschen, die man gar nicht kennt, vor Krankheit und Unglück zu warnen, zeugt von Menschenliebe.

Damit Sie wissen, wer sich hier mit Fragen an Sie wendet, füge ich diesem Schreiben ein paar Dateien über mich bei.


https://manfred-spies.blogspot.com/2022/09/klimakollaps-kindergluck.html


Ich schreibe einen Offenen Brief, weil ich nicht jedem einzeln schreiben wollte und weil ich z.B. den Aktivisten von FFF und anderen die Möglichkeit der Weitergabe geben wollte. Wenn es hilfreiche Antworten gibt und jemand das alles in einer Broschüre veröffentlichen will, so betone ich dafür kein Copyright zu beanspruchen. Die Sache ich zu wichtig für solchen Kleinkram.

Wenn ich Sie hier und da zitiere, hoffe ich, das richtig zu machen. Ich beziehe mich dabei auf TV-Sendungen oder Presse-Berichte.


Ich erfahre, dass Sie vor den Folgen des von Menschen verursachten Klimawandels warnen. Sie tun das zum Teil mit Fakten belegt so eindringlich und ernst, dass man ihre Angst und Verzweiflung heraushört. Verzweiflung auch deswegen, weil weder die Politiker noch die Industrie noch der durchaus auch verantwortliche Bürger zuzuhören scheint. 

Was die Politik angeht, so habe ich schon in früheren Web-Beiträgen aus dem SPIEGEL (11/2001) zitiert: „Im Idealfall könnten Politiker ihren Wählern natürlich zumuten, das Störende zu akzeptieren, das wäre staatsmännisch. Im schlimmsten Fall lenken sie die Wut ihrer Klientel auf Sündenböcke. Das wäre Demagogie. Im Normalfall aber rühren sie nicht an Themen, die den Leuten Einsichten oder Einbußen abverlangen.“ 


Politiker sind unehrlich, weil sie gewählt werden wollen. Dazu passt auch, was Prof. Michael Meyer-Hermann bei Markus Lanz über Gespräche mit Politikern sagte: „…„Das ist das merkwürdige Phänomen: Wenn ich das sage, verstehen das alle und wir sind uns einig. Wenn ich am nächsten Tag Presseerklärungen lese, denke ich, mit einer anderen Person gesprochen zu haben….“


https://manfred-spies.blogspot.com/2021/05/horen-aber-nicht-zuhoren.html


Okay, Sie kennen das. Aber warum kann man dann nicht mal direkt und von mir aus auch unhöflich reagieren? Und warum kann man nicht die wissenschaftlichen Erkenntnisse ohne Wenn und Aber lauter und deutlicher hinausrufen? Oder haben auch Sie Angst als Alarmist. Apokalyptiker, Defätist oder Unruhestifter bezeichnet zu werden? 


Ich empfinde selbst desaströse Schilderungen, die mit Fakten belegt sind, als wichtig und hilfreich. Ich lerne, weiss mehr und kann handeln. Mit Glaube hat das nichts zu tun. Wollen die Menschen glauben? Mein Schriftsteller-Freund Dieter Forte sagte einmal, „Glaube ist ein Opfer der Vernunft.“ Im Zusammenhang mit Klima kommt das Wort Glauben bei mir nicht vor. Aber selbst bei düsteren Prognosen von Ihnen, sogar bei den Aufzählungen der FFF-Protagonisten, fehlt nie am Schluss das Wort „WENN“. Und hier werde ich unsicher und stelle meine Frage:


Die aktuelle Situation der Wetterlagen, die immer häufiger werdenden Dürren und Fluten, das Abschmelzen der Pole, das angeblich niemand in dieser Geschwindigkeit vorhersagte (>exponentielles Wachstum), dass kennen Sie alles. Die Gletscher, Grönland, die Pole schmelzen immer schneller. Und zwar JETZT und UNUMKEHRBAR.

Das hat auf alles in der Welt Einwirkungen. JETZT. Da brauche ich doch kein WENN! 


Herr Schellnhuber sagt, „Wir fahren gerade diesen Planeten vor die Wand.“ Das Schulbus-Zitat kennt auch jede(r).


Her Latif sagt: „Die Zeit läuft ab, „COUNTDOWN“, wenn wir so weiter machen, werden Gebiete auf unserer Erde unbewohnbar. Das hat Auswirkungen auf Migration, Ernährung, Trinkwasser, Weltsicherheit; Wir werden es nicht hinkriegen…


Herr Hirschhausen sagt: „Wir sind die erste Generation, die das so unmittelbar auch spürt – und die letzte, die wirklich darüber entscheidet, ob diese Erde für Menschen bewohnbar ist.“


Prof. Dr. Harald Welzer sagt, „Das ist das Ende der Welt, wie wir sie kannten

….systematischen Ausschluss von Folgegenerationen in Kauf nimmt.“


Rorgen Rander fragt: „Droht ein globaler Kollaps?“


Nikita Zimov sagt: „Wir können uns heute entscheiden zwischen einer furchtbaren Zukunft und einer eytrm furchtbaren Zukunft.“


Und so weiter.


In meinem Blog-Artikel (s Link) habe ich mir objektiv die Frage gestellt, ob ich unter Berücksichtigung dessen, was seit 1992 auf 26 Klima-Gipfeln geleistet wurde, eine radikale Veränderung erhoffen kann. Ich kann es nicht. 

Sagen Sie mir Gründe, warum die Politiker ehrlich und sogar empathisch werden sollten. Warum sollten Konzerne Wachstum und Profite außer acht lassen und warum Verbraucher - durch und durch konsumorientiert - auf etwas verzichten? Wir haben es gerade erlebt: Wer Strom und damit Geld spart, will dafür eine Prämie haben.

Vielleicht muss diese verrottete Menschheit aussterben und ein paar, bei denen nur ein mikroskopischer Rest von Erbsünde geblieben ist, darf überleben.


Zurück zu meiner Frage: Ich brauche niemandem von Ihnen Karten und Schaubilder und Statistiken zu zeigen, Sie kennen die apokalyptische Situation besser als ich. Wenn wir das Polareis und die Permafrostgebiete nicht in einen erdteilgroßen Tiefkühlkasten legen können und wenn wir weder China noch die USA noch etliche andere Staaten von einem Umdenken überzeugen können, hat Herr Schellnhuber recht mit seiner Schulbus-Metapher und auch ich lag vor 10 Jahren nicht falsch, als ich von einem führerlosen Zug schrieb, der unaufhaltsam auf einen Abgrund zu rast, während in den vorderen Wagen die Menschen dicht gedrängt sitzen und ihre Handys bedienen, während in den hinteren Waggons getanzt, gefressen und Champgner gesoffen wird.


Wieso hat da jemand von Ihnen Hoffnung? Wieso dieses WENN?

Ich bin jetzt im 82 Jahr auf dieser Erde. Seit meinem 12 Lebensjahr gehöre ich zu den Süßen, die extern Insulin brauchen. Wenn Ihnen (damals) die Ärzte keine lange Lebenserwartung prophezeit hätten, hätten sicher auch Sie nicht in eine Rente oder eine LV eingezahlt. Also lebe ich nur von Ersparnissen und bin ausgewandert aus finanziellen Gründen und weil für mich damals das Volk der Dichter und Denker zu einer Gemeinde von Deppen und Dödeln mutierte. Das hat sich zum Teil geändert. Immerhin hätte ich etliche von Ihnen gern als Bruder oder Schwester, als Kinder oder Enkel gehabt.


Für eine Antwort, warum sie heute die Situation für umkehrbar halten und „wenn“ sagen, wär ich sehr dankbar.


Mit lieben Grüßen


Manfred Spies, 5.9.2022


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